Autorenbrief - Ziegenmelken und schreiben

Liebe Autorinnen und Autoren,

auch in Corona-Zeiten ist Ziegenmelken die Nebenbeschäftigung des Schriftstellers Bodo Hell. Er verbringt seit mehr als vierzig Jahren den Sommer als Hirte im Dachsteingebirge. Was sich so idyllisch anhört, ist harte Arbeit, sehr viel Zeit fürs Schreiben bleibt nicht. Aber genug zum Nachdenken und ein paar Sätze für das kleine schwarze Notizbuch, viel mehr ist zwischendurch nicht möglich.

Auch der ehemalige Satanist und Fantasy-Autor Angelo Nero arbeitet in einem Nebenberuf - als Führer der Zürichsee-Fähre. Er nutzt die kurzen Anlegezeiten zum Schreiben. Aber sein erstes Buch war eine Autobiografie: „Der Teufel war mein Freund“. Zum Schreiben verwendet er noch Feder, Tinte und ein Notizbuch, denn zuhause „vor dem Computer fließen die Wörter nicht gleich gut“.

Die Autorin Susanne Popp schreibt Frauenbiografien, die liegen gerade im Trend. Jedenfalls hat die Geschichte der Mme Clicquot die Schriftstellerin fasziniert, wozu vielleicht auch ein anregendes Schlückchen Veuve Clicquot beigetragen hat. Mit ihrer Kollegin Petra Hucke betreibt sie den Podcast „Frauenleben-podcast.de".

Frauen in unserer Zeit haben es doppelt schwer, Sie verdienen kein Geld durch Lesungen oder Auftritte. Die beiden Singer-Songwriter Nora Steiner und Madlaina Pollina, die eine Art intelligente Schlager pflegen, haben die Zwangspause genutzt und „Wünsch mir Glück“ herausgebracht - zu hören auf „TV Noir, dem Wohnzimmer der Songwriter“.

Der Schweizer Krimiautor Sunil Mann ("Der Schwur") nimmt die Isolation durch den Lockdown eher gelassen: „Als Schriftsteller ist man ja sowieso immer im Homeoffice, und wenn ich mal rausging, war es extrem entspannend, weil so wenig Menschen unterwegs waren. Und langweilig wurde mir auch nicht.“ Wie sollte auch, die Krimischreiben-Bücher von Patrick Baumgärtel und Larry Beinhart bieten jede Menge spannende Anregungen.

Sollte Sie die Sehnsucht nach der noch so fernen Impfnadel und der Freiheit mal wieder überwältigen, dann lassen Sie sich vom Büchner-Preisträger Marcel Beyer (Dämonenräumdienst, Suhrkamp) neu schreibmotivieren: "Ich möchte hastig schreiben - unterkühlt und lichterloh,/ unbemerkt und ungeimpft,/ unzivil und unbestimmt ..." 

Halten Sie durch und Ihre Schreibhand in Bewegung!

Herzlich

Ihre Gerhild Tieger